Moja e.V. zur Videoüberwachung auf dem Gelände des Kulturpark Wiesbaden

 

MOJA e.V. ist als anerkannter Träger der Jugendhilfe in den Stadtteilen südliche Innenstadt, Rheingauviertel, Klarenthal, Amöneburg mit Mobiler und Offener Jugendarbeit unterwegs. Seit dem 01.01.2019 dürfen wir an der Lebenswelt der Fußballfans des SV Wehen Wiesbaden teilnehmen. Gemeinsam mit den Fans entwickeln wir Ziele und Pläne. Soziales Lernen und die positive Persönlichkeitsentwicklung stehen für uns dabei im Vordergrund. Durch einen handlungsorientierten Arbeitsansatz, soll präventiv Gewalt eingedämmt und ein positives Gemeinschaftserleben gestärkt werden. Die (Fan-)Gemeinschaft soll dabei die Personen in ihrer Individualität annehmen und stärken. So werden Alternativen zu Ausgrenzung und Gewalt aufgezeigt, die durch das langfristige erlernen von Selbstregulierungsmechanismen auch auf den Alltag übertragen werden können und somit einen positiven gesellschaftlichen Effekt erzielen sollen. Die Mitarbeiter*innen des Fanprojektes versuchen durch regelmäßige Präsenz, professionelle Nähe sowie flankierende, zielgruppenspezifische Angebote Vertrauen gegenüber der Fanszene aufzubauen um auf deviantes Verhalten innerhalb dieser Form der Jugendkultur adäquat eingehen zu können. Dazu müssen sie sich auch in der Kommunikation mit relevanten gesellschaftlichen Institutionen und deren Vertreter*innen immer parteiisch gegenüber ihrer Zielgruppe verhalten. Das bedeutet, für uns stehen die Interessen und Bedürfnisse der jungen Menschen im Vordergrund um diese an beteiligte Institutionen zu kommunizieren und nach Möglichkeiten zur Verwirklichung zu suchen. Die dabei entstehenden Partizipationsmöglichkeiten in Verbindung mit Angeboten der politischen Bildung, sollen die demokratischen Werte erlebbar machen und extremistischem oder rassistischen Gedankengut vorbeugen.

 

Seit über einem Jahr befindet sich unsere Geschäftsstelle und der Jugendraum des Fanprojektes im Obergeschoss der Kreativfabrik. Wir haben uns diesen Ort bewusst aus verschiedenen Gründen ausgesucht. Die räumliche Nähe zum Stadion und insbesondere die lebendige Kulturszene im Kulturpark ergänzen unser Profil und beleben das, was unsere Arbeit ausmacht. Netzwerke und Strukturen für junge Menschen zu schaffen, in denen sie wachsen können.

 

Leider wird unsere Arbeit durch die direkte Kameraüberwachung unserer Besucher*innen massiv gestört. Mobile Jugendarbeit lebt insbesondere von ihrer Niedrigschwelligkeit, das heißt Besucher*innen müssen ohne „Hürden“ unser Angebot nutzen können. Dass Betreten des Jugendraumes des Fanprojektes oder der Zugang zum Container ist jedoch nicht mehr ohne eine Aufzeichnung durch die Kameras möglich. Unsere Angebote umfassen unter anderem Einzelfallberatung bei Problemen, aber auch offene Jugendtreffs, die aufgrund von Covid19 öfter vor dem Gebäude im Freien stattfinden. Eine dauerhafte Videoüberwachung des Geländes steht der freien Entfaltung der Jugendlichen dabei im Weg, da diese sich dauerhaft beobachtet fühlen. Ebenso steht die Kameraüberwachung des Einganges der Anonymität einer Einzelfallberatung entgegen. Das Angebot verliert dadurch seine Niedrigschwelligkeit für die jungen Menschen und erschwert die Teilnahme für genau den Personenkreis, der besonders auf Unterstützung angewiesen ist. Unsere Arbeit, die gerade in der Anfangsphase vom Vertrauensaufbau geprägt ist, wird durch die Kameraüberwachung konterkariert.

 

Einige Fans, zu denen wir einen guten Kontakt aufgebaut hatten, haben sich mit dem Hinweis auf die Kameraüberwachung zurückgezogen. Gerade die Zielgruppe der Fußballfans, die bereits aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Fußballszene weitaus öfter im Fokus der Polizei stehen als andere Jugendszenen, fühlt sich durch diese Maßnahme ein weiteres Mal ungerechtfertigt kriminalisiert. Wir können dabei nur vor den Folgen einer solchen Kriminalisierung warnen, da diese häufig zu selbsterfüllenden Prophezeiungen führen.

 

Wir von MOJA e.V. wünschen uns, dass die unverhältnismäßige Überwachung unserer Besucher*innen überdacht wird. Unter den gegebenen Umständen wird die fachliche Soziale Arbeit von MOJA stark behindert. Eine gute Mobile Jugendarbeit ist unter solchen Voraussetzungen nicht möglich. Die Stadt Wiesbaden finanziert das Fanprojekt maßgeblich mit und ist somit grundsätzlich an der funktionierenden Sozialen Arbeit mit der Fanszene Wehen-Wiesbaden interessiert. Wir hoffen somit das die Divergenz der Kameraüberwachung und einer funktionierenden Sozialen Arbeit mit Fußballfans erkannt wird und wir unsere Arbeit auf einer professionellen Ebene fortsetzen können.

 

Natürlich engagieren wir uns weiter in der regelmäßig tagenden Sicherheitsrunde um das „Projekt Kulturpark“, dem wir uns mit MOJA bewusst angeschlossen haben und dem wir uns zugehörig fühlen, um das bereits tragende Sicherheitskonzept weiterzuentwickeln und dafür zu sorgen, dass der Kulturpark ein sicherer und lebendiger Ort für alle ist.

 

Zur aktuellen Thematik gab es auch einen Beitrag beim HR4, in dem Thomas Holz (Geschäftsführer von Moja e.V.) vor wenigen Tagen auch ein kurzes Statement abgeben durfte.